Schönen guten Abend,
folgende Aufzeichnungen machte ich heute Nachmittag im Zug:
Seit 04:13 Uhr bin ich unterwegs. In Oliva stieg ich in einen Schnellzug nach Posen. Bis Dirschau erinnert die Zugverbindung jedoch eher an alte Zeiten als noch der „Rasende Nehrunger“ so langsam durch das Werder zuckelte, dass man unterwegs auch mal geschwind aussteigen und Blumen pflücken konnte. Eine geschlagene Stunde dauerten die paar Kilometerchen. Danach ging es jedoch flotter voran.
Ich muss kurz mal nach Deutschland. Das Internet zeigte mir zwar einige Verbindungen, aber es blieben doch einige Fragen offen, vor allem auch zu den Preisen über die verschiedenen Routen.
Die „beste und schnellste“ Verbindung suchte mir eine Bahnangestellte auf dem Langfuhrer Bahnhof heraus. Wunsch war, nicht vier oder fünf oder sechs Mal umsteigen zu müssen. Außerdem wollte ich als Bahncard-Besitzer in Deutschland die entsprechende Ermäßigung erhalten. Aber das geht nicht in Polen. Also war die Empfehlung, ich solle bis zur Grenze in Polen kaufen und ab Frankfurt/Oder das Ticket über das Internet buchen. Die „beste“ herausgesuchte Verbindung ging über Posen (erstes Umsteigen), dann per Regionalbahn 173 Kilometer in gut fünfstündiger Fahrt nach Berlin. Danach direkt mit dem ICE nach Stuttgart, von dort aus mit dem Regionalexpress nach Lauffen am Neckar und dann per Bus nach Brackenheim. Über 18 Stunden sollte die Fahrt dauern, aber das ist bei Weitem noch nicht die langsamste Verbindung, im Gegenteil, sie ist sogar recht schnell.
Das Ticket von Danzig bis zur polnischen Grenze kostete 95,50 Zloty. 491 Kilometer für umgerechnet rund 25,00 Euro, wobei die Strecke nach Posen sogar I. Klasse gebucht war. Die Fahrt in Deutschland buchte ich im Internet für 99,25 Euro. Nu ja, I. Klasse auf der Strecke nach Posen... - die Sitze waren so abgewetzt und verschmutzt, dass sich ein Hund eher unter die Sitze verkrochen als sich auf einem von ihnen niedergelassen hätte. Ich hatte keine Wahl: Bei meiner Größe passe ich nicht unter die Sitze. In meinem Abteil eine ältere Dame und ab Bromberg noch eine jüngere Frau die als erstes das Klappfenster aufriss. Draußen waren vielleicht 15, vielleicht 18 Grad , aber sie wollte das Fenster nicht schließen. Ich bin recht empfindlich gegen Zugluft und so schnappte ich mir meine Tasche und ging in ein noch freies Abteil. In der nächsten Station stiegen zwei junge Männer hinzu. Als erstes rissen sie das Klappfenster auf. Ich ging auf den Gang. Alle Fenster geöffnet. Ich lief ein Stück den Gang entlang und schloss sie. Auf dem Rückweg waren die ersten wieder geöffnet. Aber auch die schlimmste Fahrt nimmt einmal ein Ende.
Kaum in Posen angekommen, wurde auch schon der Berlin-Warschau-Express angekündigt. Im Eiltempo hin zum Abfahrtbahnsteig, eingestiegen, leeres Abteil ausgesucht, und oh Wunder... - alles sauber alles bequem und das bereits in der II. Klasse. Nun, das ist ja auch eine Hauptstadt-Hauptstadt-Verbindung! Ich wäre zwar auch hier ganz gerne I. Klasse gefahren, aber in Langfuhr hatten sie mir gesagt, dass der Zug nur II. Klasse habe. Und dann ging es los. Schnell, ruhig, komfortabel. Fünf Stunden sollten die 171 Kilometer dauern? Auf die Frage erhielt ich eine schnelle Antwort als der Schaffner kam. Er klärte mich auf, dass ich im falschen Zug säße. Ich hätte die Bummelbahn nehmen müssen. Das Ticket sei ungültig. Ich müsse ein neues kaufen, das Bezahlen eines Aufpreises auf das alte Ticket sei nicht möglich. 102,00 Zloty durfte ich zahlen, mehr als das ganze erste Ticket gekostet hatte. Dafür dauert die Fahrt nach Berlin nun keine fünf sondern gerade mal etwa zwei Stunden.
An der deutschen Grenze Kontrolle. Die Bundespolizei fragte nach den Ausweisen, prüfte alle Reisenden eingehend. So eine Bundespolizei-Uniform ist doch was Feines. Da kann der Träger mal richtig zeigen, dass man was zu melden hat. Barsch, unfreundlich, kurz angebunden wurde ich auf eine interessierte Frage dahingehend belehrt, es werde hier nicht immer sondern nur manchmal kontrolliert. Durch meine Frage hatte ich mich wohl verdächtig gemacht. Mein Personalausweis wurde besonders geprüft und, so schien es mir, fast unwillig wieder herausgerückt. Ich wette, der Mann hätte bei den DDR-Grenztruppen bestimmt Karriere gemacht.
Tja, und nun sitze ich im ICE kurz vor Hildesheim. Mit meiner deutschen Fahrkarte hatte ich keine Probleme. Auch einen zwei Stunden früheren ICE konnte ich ohne Zahlen eines Aufpreises nehmen. Insgesamt werde ich nach Ankunft in Brackenheim dann nicht 18 Stunden unterwegs gewesen sein, sondern „nur“ 16 Stunden.
Anzumerken ist vielleicht noch, dass es im ICE keine zu öffnenden Fenster gibt. So mancher meiner polnischen Mitreisenden zwischen Danzig und Posen wäre hier trotzdem glücklich. Es herrschen in diesem ICE gefühlte Minusgrade und es zieht so lausig wie in einem Affenkäfig.
Ich wäre ja zu gerne geflogen, aber kurzfristig zu buchende Flugtickets kosten mir einfach zu viel. Seitdem Ryanair seine Flugstrecken nach Polen radikal ausgedünnt hat, schlagen die großen Fluggesellschaften bei den Preisen wieder ungeniert zu.
Morgen Abend geht’s wieder zurück nach Danzig. Glücklicherweise nicht mit dem Zug sondern mit dem Auto. Bisher wollte ich nicht wieder mit dem Auto fahren, weil ich die rund 1.250 Kilometer lange Strecke nach Danzig als schlimmste Reisemöglichkeit ansah. Aber man lernt nie aus: Es geht noch schlimmer. Mein Fazit lautet für mich: Wenn es sich vermeiden lässt, nie mit dem Zug!
Mal sehen was ich über meine Autofahrt denke wenn ich wieder in Danzig bin. Lustig wird diese bestimmt auch nicht...