...Predigers Hermann G. Mannhardt
Vorwort
Ich habe dieses Thema als Beitrag gewählt, da viele Forumsteilnehmer die Ansicht vertreten "es schreibt keiner mehr - die Themen sind abgearbeitet". Mit diesem, von mir zur Diskussion gestellten Thema, bilde ich mir ein, sind wir mindestens 1 Jahr mit Beiträgen beschäftigt, bei "Vernüftiger Threadführung" (Leitfaden) ein Danziger Thema erfolgreich zu bearbeiten.
Vor etwas mehr als hundert Jahren, im Frühjahr 1915, hielt der bekannte Mennonitenprediger Hermann G. Mannhardt in Danzig mitten im Weltkrieg eine
»Rede zur Kriegszeit«
die von großem nationalistischem Pathos getragen war.
Ich habe seine Rede- und einige Texte dreier namhaften Historiker, deren Verdienst es ist, dass dieses Werk wiederendeckt und übersetzt wurde, als Grundlage zu meinem Beitrag genommen.
Ich will versuchen auf diese Weise einen Blick auf eine mennonitisch-nationalistische Kriegsbegeisterung zu öffnen- und darüber, ich hoffe mit vielen Forumsteilnehmer schriftlich zu diskutieren.
Die Historiker stellten die Behauptung auf, der gesteigerte mennonitische Nationalismus im Krieg sei nirgendwo sonst so stark in Erscheinung getreten wie unter preußischen Mennoniten.
Ich glaube, wenn wir die Wandlung und die Anfänge eines ganz eigenen mennonitischen Kriegspatriotimus verstehen wollen, ist es zunächst nötig einen weiten Schritt zurück in die Zeit des Deutsch-Französischen Krieges zu tun. Zur Information, bereits im 16. Jahrhundert kamen Scharen von Mennoniten aus den Niederlanden nach Danzig, bedingt durch ein Edikt von Kaiser Karl V. .
Wenn ich interesse an diesem Thema zur Geschichte der Mennoniten in Danzig geweckt habe- und wer mit schreiben will "Schlage ich vor, dass wir uns als erstes mit der Person Hermann G Mannhard befassen sollten" um seine Rede zu verstehen und wie er es schaffte eine Glaubensgemeinschaft "vom wahren Glauben ab zu bringen"
Ich werde zur Vorgeschichte des mennonitischen Kriegspatrotismus erst dann weitere Beiträge schreiben, wenn ich ein Interesse erkennen kann.
Jetzt die Rede " Original H.G. Mannhardt
Anmerkung: Die Danziger Singakademie trug vor der Rede
Chöre und Soli aus dem 1. Teil von Händels Judas Makkabäus vor.
Taten und Helden
Rede zur Kriegszeit am 5. März 1915
gehalten im Festsaal des Danziger Hofes
von H. G. Mannhardt
Prediger der Danziger Mennoniten-Gemeinde
Von Taten und Helden ist hier gesungen worden. Und wenn die Töne aus Händels Meisterwerk nun verrauscht sind, so wird ihr Nachhall uns doch aus diesem Raum hinausbegleiten. Geben sie doch Kunde von einem Freiheitskampfe, den vor mehr als zweitausend Jahren ein tapferes kleines Volk gegen die Übermacht seiner Unterdrücker siegreich bestand! Wann schlagen unsere Herzen lauter in begeisterter Anteilnahme an den Geschicken der Völker, als wenn wir in Geschichte, Lied und Sage von einem Geschlechte hören, das für Vaterland und Freiheit zu kämpfen und zu siegen, zu leben und zu sterben wußte?
Und heute, da wir selbst mitten in einem solchen Kampfe stehen, mögen die Klänge von Taten und Helden der Vergangenheit unsere Herzen besonders tief ergreifen. Es ist nicht das erste Mal, daß unser deutsches Volk um seine Freiheit und um seinen Fortbestand in Gegenwart und Zukunft ringt, aber so gewaltig, so entscheidend für uns selbst und für die künftige Gestalt der Welt war noch kein deutscher Krieg. Von der Hermannschlacht am Teutoburgerwalde bis nach Leipzig und Waterloo, nach Wörth und Sedan ist ein langer Weg, der durch
Aufstieg und Niedergang endlich zum herrlichsten Ziele führte. Wunderbare Zeit der Erfüllung vor 44 Jahren! Wer sie erlebt hat, vergisst sie niemals, niemals wieder. Alle Hoffnungen der Besten waren in Erfüllung gegangen, alle Weissagungen und Träume waren Wirklichkeit geworden. Was der Herold des deutschen Reiches und des neuen deutschen Kaisertums, Emanuel Geibel, 1859 mit prophetischem Blick ausgerufen hatte:
»Einst geschieht ́s, da wird die Schmach Seines Volkes der Herr zerbrechen: Der auf Leipzigs Feldern sprach, Wird im Donner wieder sprechen«,
das was nun geschehen.Und als wir dann unser neues Reichshaus unter viel innerem Streit ausbauten und uns in der Welt draußen immer mehr Platz an der Sonne gewannen, fingen wir allgemach an zu glauben, nun könne es keinen Krieg mehr geben, die Welt sei des Blutvergießens müde und kein Feind werde mehr uns anzugreifen wagen. Aber nun ist es gewaltiger denn je über uns hereingebrochen mit einer nie erhörten Donnersprache, nun ist es gekommen, was ein Moltke längst mit klarem Wort vorausgesagt hatte, was die Männer seines Geistes, unser Kaiser voran, unbeirrt vorbedacht haben, und was auch Geibel dichterisch vorgeahnt hat, wenn er weiter fortfährt:
»Dann, o Deutschland sei getrost! Dieses ist das erste Zeichen ,Wenn verbündet West und Ost Wider dich die Hand sich reichen.«
»Wenn verbündet Ost und West Wider dich zum Schwerte fassen, Wisse, dass dich Gott nicht lässt, So du dich nicht selbst verlassen.«
»Deinen alten Bruderzwist Wird das Wetter dann zerstören, Taten wird zu dieser Frist Helden dir die Not gebären.«
Nicht irgend ein einzelnes von den Nachbarreichen hat es gewagt uns anzugreifen, aber der Neid und der Haß haben einen Ring der Völker um uns her geschlossen, der durch die Überlegenheit seiner gewaltigen Machtmittel meinte uns und unsere wenigen Bundesgenossen leicht erdrücken zu können.
Doch es ist ihnen bis heute nach sieben furchtbaren Kriegsmonaten nicht gelungen. Taten und Helden hat diese eiserne Zeit und ihre Not unserem Vaterland geboren, die allem Ansturm von Gewalt und List bisher mit unerhörten Opfern aufgehalten, ja die den Krieg tief in die feindlichen Länder hinein und weit auf die feindlichen Meere hinaus getragen haben.
Können wir jemals genug danken, dass unser Volk in Waffen zu Lande und zu Wasser, in den Lüften und unter dem Meere unser Vaterland davor bewahrt hat, von jenen Horden weithin verwüstet zu werden, deren schreckliche Spuren das arme ostpreußische Grenzland und seine unglücklichen Bewohner am Leibe tragen?
Das schwere Schicksal des Krieges ist ein gemeinsames Leid und schlingt ebenso wie aller Dank und alle Freude ein festes Band um unsere Volksgenossen.
Aber es gibt auch viele besondere Schmerzen, welche mit Kraft und Mut, mit Heldensinn getragen werden wollen.Hat nicht manche redliche Herzen der Gedanke aufs Tiefste bewegt, woher es kommen mag, dass wir so gehasst werden in der Welt; wenn sie sahen, dass nicht nur unsere offenen Feinde, sondern auch die halben Freunde und die angeblich neutralen Völker eine wahre Flut von Schmähung, Verkennung und Mißverstand über uns ausschütteten? Wir dürfen uns von dieser Erfahrung nicht niederdrücken lassen, vor allem dürfen wir darüber nicht die Stimmen überhören, die sonst und jetzt beweisen haben, dass wir draußen in der Welt auch geliebt werden.Ich könnte vieler solcher freundlichen Stimmen nennen, Stimmen aus dem Nordland wie die Björnsons und des trefflichen Sven Hedin, und Stimmen aus dem Süden, aus Spanien und Griechenland, auch aus den uns stammverwandten Ländern der Schweiz und der Niederlande.
Aber ich möchte hier jetzt nur reden von den Millionen unserer deutschen Brüder und Schwestern, die überall auf dem Erdkreis wohnen. Wie anders ist heute ihre Liebe zum deutschen Vaterlande als noch vor fünfzig Jahren!
Einst war es dem Deutschen in der Fremde natürlich sich möglichst schnell in Sitte und Gesinnung der Fremde anzupassen und an die alte Heimat mit Geringschätzung zu denken, heute dagegen sehen wir mit Erstaunen und Entzücken die mächtige Woge der begeisterten Liebe, der leidenschaftlichen Anteilnahme, die z. B. durch die vielen Millionen der Deutschamerikaner hinbraust, eine Liebe und Begeisterung, die ihren symbolischen Ausdruck neben vielem anderen auch in jenem Neuyorker Konzertsaal fand, als eine edle deutsche Frau und Sängerin die Versammelten im Sturm hinriß mit Eichendorffs deutschem Heimwehliede, dessen letzte Strophe heißt
»Der Morgen, das ist meine Freude, Da steig ich in stiller Stund Auf den höchsten Berg in die Weite, Grüß Dich, Deutschland, aus Herzensgrund!«
Und wenn jetzt bei unseren Feinden jede bessere Regung unter den Ausbrüchen des Hasses und der Vernichtungswut, die von den Regierungen und der Presse gepflegt werden, erstickt zu sein scheint, so darf doch wohl daran erinnert werden, dass die wenigen wirklichen Kenner Deutschlands, besonders unter den Engländern, uns eine Bewunderung zollen, die man mit vollem Recht Liebe nennen kann.
Ich denke dabei nicht nur an den in England geborenen nun aber schon lange in Deutschland lebenden Houston Stuart Chamberlain, sondern mehr an den besten Mann Englands im 19. Jahrhundert: Thomas Carlyle. Ich bin überzeugt, dass er heute, wenn er diese Zeit erlebt hätte, sich in seiner Liebe zu Deutschland nicht würde beirren lassen durch das wüste Geschrei vom angeblichen deutschen Militarismus und Barbarismus.
Denn alles, was im deutschen Volke an hohen und höchsten Kulturgütern vorhanden ist, das sah dieser Mann mit schärferem Blick und offenerem Herzen, als viele Deutsche selbst es sehen.
Seine Liebe galt der ganzen deutschen Geistesbildung mit ihren sittlichen Kräften und ihren unersetzlichen Gemütswerten. Wie beschämend ist es daß es immer noch Deutsche gab und gibt, denen alle diese Werte wenig bedeuten, weil ihnen die alte üble deutsche Ausländerei noch immer im Blute steckt, die nicht aufhören will und mag, den Fremden nachzulaufen und nachzuäffen.
Man sagt wohl nicht mit Unrecht, daß diese traurige Neigung nur die Kehrseite und das Zerrbild jener deutschen Tugend sei, die uns befähigt, das Gute zu sehen und anzuerkennen, was andere Völker besitzen, aber wie oft ist das Zerrbild, auch noch in jüngster Zeit bei uns vorherrschend gewesen, ja wie beleidigt es noch heute so oft unser Gefühl!
Schon seit jener Zeit, als sich im 18. Jahrhundert zuerst wieder ein lebhafteres deutsches Nationalgefühl regte, sind führende Geister nicht müde geworden ihr Volk zu mahnen, daß es deutsch empfinden und handeln sollte. So der edle Klopstock, der vor 150 Jahren zürnend ausrief:
»Verkennt denn euer Vaterland, undeutsche Deutsche! Steht und gafft mit blöder Bewunderung großem Auge das Ausland an!«
»Dem Fremden, den ihr vorzieht, kams nie ein, den Fremden vorzuziehen. Er haßt die Empfindung dieser Kriechsucht, verachtet euch, weil ihr ihn nachahmt!
«Welch ein tiefer Schmerz die Brust solcher Männer erfüllte, die den hohen Wert des deutschen Wesens erkannten und daneben die Würdelosigkeit sehen mußten, mit welcher deutsche Männer und Frauen ihre Ausländerei zur Schau trugen, das sagen uns unter so vielen anderen die schwermütigen Worte Hölderlins in seinem
»Gesang der Deutschen«:
»O heilig Herz der Völker, o Vaterland! All duldend, gleich der schweigenden Mutter Erde,Und allverkannt, wenn schon aus deiner Tiefe die Fremden ihr Bestes haben!«
»Du Land des hohen ernsteren Genius! Du Land der Liebe, bin ich der deine schon,Oft zürnt ich weinend, daß du immer Blöde die eigene Seele leugnest.«
Brauche ich an alle die hohen Geister zu erinnern, die nach Klopstock und Hölderlin seit mehr als hundert Jahren ihr Bestes daran gesetzt haben, des deutschen Volkes Seele wachzurufen zur Erkenntnis des eigenen Wertes, und brauche ich zu sagen, dass sie nicht umsonst gearbeitet haben? Ja wahrlich sie alle, von Ernst Moritz Arndt, von Fichte und Heinrich von Kleist bis zum gewaltigen Bismarck, haben ihr Volk emporgerissen zu selbstbewußter Größe, zu Heldentaten und Erfolgen in Krieg und Frieden, auf allen Gebieten menschlicher Arbeit, menschlichen Wissens und Könnens, welches das Staunen aber auch den Neid der Welt erregt haben.
Und erleben wir es nicht eben jetzt von neuem, daß es den Mächten, die wieder am Werke waren unser Volk undeutsch und wurzelloser zu machen, trotz alles scheinbaren Erfolges nicht gelungen ist, den deutschen Geist in fremde Fesseln zu schlagen. Nur an der Oberfläche und bei den Oberflächlichen haben sie ihre Wesen treiben können. In der Tiefe war die deutsche Kraft, das deutsche Gemütsleben, der deutsche Glaube und der deutsche heilige Ernst der Hingabe an das Vaterland stark und lebendig und bringt jetzt seine edelsten Früchte.Wird nun wohl endlich, endlich die Zeit kommen, in der auch die äußere Lebenshaltung bei Hoch und Niedrig wahre deutsche Wesenskultur zu würdigem Ausdruck bringt, oder werden wir in diesen Dingen auch künftig die gehorsamen Diener fremder Moden und Launen sein?
Dieser Tage las man, dass jetzt mitten im Kriege in Berlin eine Pariser Modellausstellung vorbereitet wird. Wenn das wirklich geschieht, ohne daß deutsche Männer und vor allem deutsche Frauen, die doch in diesem Kriege schon so viel für das Vaterland geleistet haben, sich dagegen aufs äußerste zur Wehr setzen, dann könnte man auch heute noch mit Hölderin klagen
»oft zürnt ich weinend, dass du immer blöde die eigene Seele leugnest.
«Soll nun aber fortan zwischen den Völkern, die jetzt im erbitterten Kampfe liegen, nur noch der Haß das Wort führen, sollen niemals wieder Brücken des Verkehrs und des Verständnisses geschlagen werden?
Darauf ist zu antworten, daß der Krieg selbst uns deutlich macht, wie sehr die Völker auf einander angewiesen sind. Es ist ferner zu sagen, daß kein Volk der Erde reicher an Gerechtigkeitsgefühl ist als das deutsche. Wenn wir jetzt mit Zorn und Empörung, mit Haß und Abscheu an die eigentlichen Anstifter dieses furchtbaren Weltkrieges denken, und sie unter Gottes Beistand zu strafen wünschen, so machen wir unseren Haß nicht zur Gesinnung, die dauernd unser Denken und Tun beherrschen könnte.
Wie sehr der Haß auch die Völker blind macht und welche verdummende Wirkung er ausübt, das sehen wir am deutlichsten an den Franzosen. Wollen wir unter den Völkern der Erde den Platz, der uns gebührt, künftig behauptet, dann werden wir nicht ohne das Wort der Bibel auskommen:
»Gerechtigkeit erhöhet ein Volk!«
aber wir werden auch Klopstocks Mahnung nicht vergessen dürfen:
»Nie war, gegen das Ausland Ein anderes Land gerecht, wie du! Sei nicht allzugerecht, sie denken nicht edel genug, Zu sehen, wie schön dein Fehler ist!
«Nein wir dürfen nicht allzu gerecht sein, damit nicht unsere Gerechtigkeit, oder was wir so nennen, wieder unsere Schwäche wird.Doch was reden wir von der Zukunft, während doch die Gegenwart alle unsere Gedanken für sich fordert? Wir können jetzt nicht zusammenkommen ohne unserer kämpfenden und blutenden und besonders unserer gefallenen Brüder zu gedenken.
Taten und Helden hat die Not uns geboren, das sagen uns tausend Berichte, das sagen uns die Verlustlisten, das sagen uns die Gräber.
Als Schiller einst von Vaterland und Freiheit singen wollte, musste er seine Helden jenseits der deutschen Grenzen suchen oder im fernen Altertum. Heute würde er das nicht tun. Was er von längst vergangener Zeit im Hinblick auf Kulturstätten und Menschen des alten Griechenlands zu rühmen wußte, das paßt heute ganz und gar auf unser eigenes Volk:
»Heilige Steine! Aus euch ergossen sich Pflanzer [original: Pflanzen] der Menschheit, Fernen Inseln des Meeres brachtet [original: sandtet] ihr Sitten und Kunst.
Weise sprachen das Recht an diesen geselligen Toren; Helden stürzten zum Kampf für die Penaten hinaus [original: heraus]. Auf den Mauern erschienen, den Säugling im Arme, die Mütter, Sahen [original: blickten] dem Heerzug nach, bis ihn die Ferne verschlang.
Betend stürzten sie dann an [original: vor] der Götter Altären sich nieder, Flehten um Ruhm und Sieg, flehten um Rückkehr für euch.
«Und von wie Vielen, ach wie Vielen, gelten nun auch die weiteren Verse:
»Ehre ward euch und Sieg, doch der Ruhm nur kehrte zurücke; Eurer Taten Verdienst meldet der rührende Stein. Wanderer, kommst du nach Sparta, verkünde dorten, du habest Uns hier liegen gesehn, wie das Gesetz es befahl. Ruhet sanft, ihr Geliebten! Von eurem Blute begossen, Grünet der Ölbaum, es keimt fröhlich die köstliche Saat.
«Wir denken an unsere toten Helden. Mehr als zweimalhunderttausend ruhen schon im Erdenschoß, in den Fluten des Meeres, wenige in heimatlichem, viele im fremden Boden, auch im fernen Asien und in Afrika.
Niemand soll es uns wehren zu klagen um so viel Jugendkraft, die nun gebrochen ist, um so viel Glück und Hoffnung, die nun gestorben sind.
»Seele vergiß sie nicht, Seele vergiß nicht die Toten!«
»Nur das Gemeine steigt klanglos und klaglos hinab in die Gruft.« Aber unsere Klage ist nicht trostloser Jammer, sondern Heldenklage, würdig unserer Gefallenen und ihrer Taten! Noch grünen die Bäume nicht über ihren Hügeln, noch ist die Erde winterlich und kahl.
Aber wenn der Friede einmal wiederkommt, dann wird das wunderbare Blühen eines neuen Frühlings zu ihnen herniedersteigen; dann wird der Dank eines ganzen großen Volkes diese stillen Gräber zu Opferstätten seiner Liebe weihen. Und auch aus diesen Gräbern wird ein neuer deutscher Frühling und, so hoffen wir, ein neuer Weltenfrühling emporwachsen. Wenn der Friede kommt! Welche Wünsche, welche Sehnsucht regt dies Wort in unseren Herzen auf !
Welche Bilder von Heimkehr und neuem Glück bewegen die Seele der daheim Wartenden und Bangenden und wohl auch manches tapferen Kämpfers da draußen, der
»den blutigen Lorbeer mit Freuden hingeben würde fürs erste Veilchen, das der März uns bringt, das duft ́ge Pfand des neuerwachten Lebens.«
–Aber es ist noch keine Zeit für Friedensträume. Noch wütet an allen Enden in Ost und West der Krieg, noch gilt es für alle auszuharren und durchzuhalten mit jener Entschlossenheit und Opferbereitschaft, mit der wir diesen Kampf auf uns genommen haben.
Wie vor hundert Jahren unsere Vorväter im Ringen um ihre Freiheit, so müssen wir uns noch heute Rückerts geharnischte Worte zurufen:
»Wir schlingen unsre Händ‘ in einen Knoten,Zum Himmel heben wir den Blick‘ und schwören;Ihr alle, die ihr lebet, sollt es hören, Und wenn ihr wollt, so hört auch ihr‘s, ihr Toten.
Wir schwören:
Stehn zu wollen den Geboten Des Lands, des Mark wir tragen in den Röhren, Und diese Schwerter, die wir hier empören, Nicht eher zu senken, als vom Feind zerschroten. Wir schwören, daß kein Vater nach dem Sohne Soll fragen, und nach seinem Weib kein Gatte, Kein Krieger fragen soll nach seinem Lohne, Noch heimgehn, eh‘ der Krieg, der nimmersatte, Ihn selbst entlässt mit einer blut‘gen Krone, Daß man ihn heile, oder ihn bestatte!
«Taten und Helden fordert die gewaltige Zeit. Taten und Helden wird auch die Zukunft fordern.
Gestern las ich von einem jungen Japaner, der Deutschland so leidenschaftlich liebte, daß er, um nicht gegen Deutsche kämpfen zu müssen, Selbstmord verübte.
Er schrieb vorher einen letzten Brief an einen deutschen Freund, der als ein Dokument von größtem Werte aufbewahrt werden muß. In diesem Briefe stehen u. A. die Worte:
»O Deutschland, du Herz der Welt, was verdanken wir dir!«
Welch ein Bekenntnis aus der Mitte unserer Feinde. Wie muß es uns die Häupter und die Herzen erheben in Freude, Stolz und Dank! Was aus unserer eigenen Mitte mit Hölderlins Worten vor langer Zeit in die Welt hinausklang, das findet jetzt seinen Widerhall aus dem fernen Osten.
D e u t s c h l a n d d a s H e r z d e r W e l t!
Das soll über den Toren unserer Zukunft stehn. Nicht um uns übermütig, selbstgefällig und ruhmredig zu machen, sondern um uns an die große heilige Aufgabe zu mahnen, die Gott unserem Volk gegeben hat.
Einst wird die Zeit kommen, und sei sie auch jetzt noch fern, da werden auch in anderen Völkern die Stimme der Lüge und des Hasses übertönt werden von der Stimme der Wahrheitserkenntnis und der Zuneigung:
Deutschland, du Herz der Welt, was danken wir dir! Deutsche Männer und deutsche Frauen und du, deutsche Jugend, der die Zukunft gehört!
Lohnt es sich für diese Aufgabe zu kämpfen, zu bluten und zu sterben? Lohnt es sich dafür zu leben und zu arbeiten und Opfer zu bringen? Gott gebe uns jetzt und künftig, im Kriege wie im Frieden, was wir dazu bedürfen:
T a t e n u n d H e l d e n !
Ende der Rede des Geistlichen der Mennoniten